Im Verlauf der Pandemie haben Homeoffice, Telearbeit und mobiles Arbeiten deutlich an Verbreitung gewonnen. Während sich die Arbeitsstättenverordnung, im Jargon kurz „ArbStättV“ genannt, auch auf die Arbeit im Homeoffice anwenden lässt, gibt es für das „mobile Arbeiten“ noch keine arbeitsrechtlichen Vorgaben. Immerhin: Erste Gesetzentwürfe werden bereits diskutiert.
Viele Unternehmen haben den Homeoffice-Arbeitsplatz in der Pandemie aus der Not heraus in kürzester Zeit entweder eingeführt oder stark propagiert. Um das Infektionsrisiko bei der Arbeit zu senken, ist Abstand immer noch Gebot der Stunde – und wird es, aller Voraussicht nach, auch auf absehbare Zeit bleiben. Also gilt es, Homeoffice und mobile Arbeit rechtssicher einzuführen. Denn auch wenn mobiles Arbeiten sich als probates Mittel im Kampf gegen die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Konsequenzen des Virus bewährt hat, gilt es neben allen technischen und organisatorischen Fragen auch die rechtlichen Risiken nicht zu vergessen. Beispielsweise bei Arbeitsschutz, Versicherung etc.
Im eigenen Haushalt des Heimarbeiters scheint es unter anderem gerechtfertigt zu sein, den Versicherungsschutz zum Beispiel auch auf die mit der Kinderbetreuung oder dem Essen zusammenhängenden Wege zu erstrecken. Wie bei der Tätigkeit an einer betrieblichen Arbeitsstätte besteht ja durchaus ein Interesse des Unternehmers an der Unterbringung der Kinder und der Ernährung, um die Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Versicherten überhaupt erst zu ermöglichen. Auch wenn er natürlich auf dessen Heim keinen gestalterischen Einfluss hat.
Was genau bedeutet „mobiles Arbeiten“?
Das ist aber durchaus differenziert zu sehen für das „mobile Büro“, also z. B. für den Vertreter, der sich im Café oder im Zug auf den nächsten Termin vorbereitet. Also steht die Frage im Raum: Was genau bedeutet „mobiles Arbeiten“? Telearbeit oder Homeoffice bezeichnet ja die übliche Büroarbeit – nur ohne die Anwesenheit im Unternehmen. Dafür gibt es gesetzliche Regelungen, allen voran die ArbStättV. Das ist beim mobilen Arbeiten noch anders, weil es bisher tatsächlich noch keine gesetzliche Definition dafür gibt. Es ist auch nicht zwingend eine Vereinbarung vorgeschrieben – und es gibt keine besonderen Auflagen an den Arbeitgeber bezogen auf den Arbeitsschutz.
In der Praxis mobiler Arbeit ist aber nicht nur die Dienstreise oder das Arbeiten während einer Dienstreise gemeint. Immerhin: Die im August 2020 veröffentlichte SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel nennt mobile Arbeit eine Arbeitsform, „die nicht in einer Arbeitsstätte gemäß § 2 Arbeitsstättenverordnung oder an einem fest eingerichteten Telearbeitsplatz gem. § 2 Absatz 7 Arbeitsstättenverordnung im Privatbereich des Beschäftigten ausgeübt wird, sondern bei dem die Beschäftigten an beliebigen anderen Orten (z. B. beim Kunden, in Verkehrsmitteln, in einer Wohnung) tätig werden.“
Das heißt mit anderen Worten: Homeoffice am Notebook oder Laptop ist eine spezielle Ausprägung der mobilen Arbeit, die es Beschäftigten ermöglicht, nach vorheriger Abstimmung mit dem Arbeitgeber zeitweilig im Privatbereich unter Nutzung von mobilen IT-Systemen für den Arbeitgeber tätig zu sein. Regelungen zur klassischen Telearbeit (fest eingerichteter Arbeitsplatz zuhause) bleiben unberührt.
Die aktuelle Gesetzeslage
Die Frage liegt also auf der Hand: Kann mobiles Arbeiten „einfach so“ im Unternehmen eingeführt werden? „Es kommt drauf an!“, wird der Jurist antworten. Um für alle Beteiligten – also diverse Teams, Führungskräfte, Personaler, Betriebsräte und Geschäftsführung – möglichst viel Klarheit und Transparenz zu schaffen und damit die digitale Zusammenarbeit zu unterstützen, hat sich für die Einrichtung von Homeoffice als eben auch mobiles Arbeiten in der Praxis eine solche Vereinbarung sehr bewährt. Auch wenn das in kleinen Unternehmen vielleicht nicht notwendig sein muss.
Die bisherigen Gesetzeslücken werden wie gesagt geschlossen. Aktuell sind zwei Entwürfe für eine gesetzliche Regelung in Arbeit, die die Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer festlegen, die regelmäßig mobil – entweder von zu Hause oder einem anderen Ort aus – arbeiten möchten. Während der Arbeitsminister bereits konkrete Formulierungsvorschläge für ein Gesetz zur mobilen Arbeit (Mobile Arbeit-Gesetz – MAG) unterbreitet hat, wartet der „Arbeitskreis der Zukunft“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit ersten Eckpunkten für ein Gesetz zur „Erleichterung mobiler Arbeit“ (EMAG) auf.
Anders sieht es bei der Telearbeit aus
Telearbeit wird entweder durch Arbeitsvertrag oder durch Betriebsvereinbarungen, seltener in Tarifverträgen, im europäischen Ausland häufiger auch durch Gesetz geregelt. Sie zieht aber nicht nur einen arbeitsrechtlichen Regulierungsbedarf nach sich, sondern berührt darüber hinaus eigentums-, datenschutz- oder haftungsrechtliche Fragen. Diese sind im Rahmen des Arbeitsvertrages, der Betriebsverfassung oder durch die Tarifparteien nicht immer vollständig zu lösen.
Die Telearbeit gehört – auch wenn sie dort nicht erwähnt wird – formal zum Heimarbeitsgesetz (HAG), weil das auch Bürotätigkeiten umfasst. Demnach ist Heimarbeiter, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte) allein oder mit Familienangehörigen im Auftrag erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt (§ 2 Abs. 1 HAG).
Das „mobile Arbeiten“ (Stichwort „Digital Workplace“) baut zwar ebenso wie das Homeoffice auf einer Verbindung zur Informations- und Kommunikationstechnik des Arbeitgebers auf. Diese Arbeitsform zeichnet sich aber vor allem dadurch aus, dass sie weder an das Büro noch an den häuslichen Arbeitsplatz gebunden ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können von beliebigen anderen Orten mithilfe von Laptop, Tablet oder Smartphone als „Modern Workplace“ arbeiten. Über das mobile Netz geschieht das unabhängig von festen Arbeitszeiten und -plätzen. Auch mit Blick auf Arbeits- und Datenschutz unterscheidet sich Mobilarbeit von Homeoffice.
Die spontane mobile Arbeit fällt nicht unter die geplanten gesetzlichen Regelungen
Ist sie anlassbezogen, etwa zur Kinderbetreuung, zum Empfang von Handwerkern oder auch infolge pandemiebedingter Beschränkungen, kann ja per se die vorgesehene Ankündigungsfrist von drei Monaten nicht eingehalten werden.
Auf jeden Fall muss ein geeigneter Arbeitsplatz mit Infrastruktur zur Verfügung stehen. Auch Fragen in den Bereichen Datenschutz und -sicherheit, Arbeitsschutz und -sicherheit sowie Versicherung müssen beantwortet sein. Mobiles Arbeiten erfordert, ähnlich wie bei flexiblen Arbeitszeiten, besondere Vorkehrungen, um an Besprechungen teilzunehmen. Das wären etwa eine Zusicherung der Anwesenheit seitens der Mitarbeiter, ihre Zuschaltung durch Videokonferenztechnik oder ihre nachträgliche Information durch Protokolle.
Schwierigkeiten können sich zum Beispiel daraus ergeben, dass die Einflussmöglichkeiten des Arbeitgebers auf mobile Arbeitsplätze begrenzt sind. Ein innovativer Lösungsansatz findet sich in dem erwähnten EMAG-Entwurf: Mit Hilfe einer App soll der Arbeitsplatz mit dem Smartphone aufgenommen und einer näheren Gefährdungsbeurteilung unterzogen werden. Durch Bereitstellung der App hätte der Arbeitgeber dann seine Begutachtungspflichten erfüllt.
Vor- und Nachteile des mobilen Arbeitens
Unternehmen bringt mobiles Arbeiten einiges an Vorteilen:
- Es wird weniger Bürofläche gebraucht.
- Die Kompetenzen der Beschäftigten sind auch in Situationen nutzbar, in denen sie aus privaten Gründen eigentlich nicht zur Verfügung stehen. Kinderbetreuung oder die Pflege Angehöriger lassen sich so beispielsweise für die Arbeitnehmer verbinden.
- Mobiles Arbeiten wird oft positiv bewertet und kann den Ruf eines Arbeitgebers verbessern.
- Steigerung der Mitarbeitermotivation sowie der Arbeitseffektivität.
Eine große Herausforderung beim mobilen Arbeiten ist für die Arbeitgeber das Zuweisen von Aufgaben und Aufträgen und das Bereitstellen der erforderlichen Informationen. Insoweit gilt es bei der Vorbereitung des Umstiegs, den Schwerpunkt auf die mitlaufende Unterstützung und kooperative Steuerung zu legen – und nicht auf die Kontrolle. Diese neue Art des Arbeitsverhältnisses setzt ein hohes Vertrauen voraus. Ziel: eine ergebnisorientierte Arbeit. Als einzig tragfähiges Managementkonzept gilt hier das „Management by Objectives“ – mit einer Zielvereinbarung und einer „Vertrauensarbeitszeit“.
Viele Arbeitnehmer begrüßen mobiles Arbeiten wegen der einfacheren Verbindung von Beruf und Familie, freier Zeiteinteilung und besserer Möglichkeiten zur Nutzung kreativer Phasen. Der Wegfall des Weges zur Arbeit, Unabhängigkeit von Witterungsbedingungen, höhere Eigenverantwortung und Motivation oder ungestörte Arbeitsmöglichkeit kommen ebenfalls gut an. Beliebt ist mobiles Arbeiten z. B. bei jungen Eltern, denen so der Wiedereinstieg in das Berufsleben erleichtert wird. Die Arbeitsleistung kann verteilt erbracht, Kinder können trotzdem versorgt werden. Als Nachteile werden die Gefahr der sozialen Isolation, erschwerter Informationsfluss ohne unmittelbaren Kontakt und weniger informelle Informationen genannt. Auch Scheinselbstständigkeit, erschwertes kollaboratives Arbeiten oder Schwierigkeiten bei der Trennung von Berufs- und Privatleben gelten als Kritikpunkte.
Die Praxis zeigt: Sowohl Homeoffice als auch mobiles Arbeiten sind arbeitsrechtlich kein brisantes Thema
Die Herausforderung der Arbeit 4.0 ist vielmehr die Realität des Alltags, wie zum Beispiel die Größe der Wohnung, das Alter und die Anzahl der Kinder oder pflegebedürftige Angehörige. Hier können weder der Staat noch Unternehmen einwirken – und Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten einfacher machen. Eines muss aber nicht sein: Dass durch unzureichende Technologie- und Kommunikations-Tools in der Remote-Arbeit die Unternehmenskultur leidet, wie gemäß einer neuen europaweiten Ricoh-Studie 42 Prozent der Arbeitnehmer meinen.